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Veröffentlicht auf von yogi majhavi

Verzweifelte Rettungsversuche in Haiti
Machtlos angesichts der kompletten Zerstörung

Rund eine Woche nach dem Erdbeben in Haiti dringen Helfer immer weiter in die Städte und Bezirke außerhalb der Hauptstadt vor. Und viele stellen ernüchtert fest, dass sie hier nur noch bergen, aber nicht mehr retten können. Besonders hart getroffen hat es Léogâne westlich von Port-au-Prince.

Von Anne-Katrin Mellmann, ARD-Hörfunkstudio Mexiko-Stadt

Rettungsteams aus der ganzen Welt suchen weiter nach Überlebenden. Doch werden ihre Erfolge seltener. Knapp eine Woche nach dem Beben dringen kaum noch Lebenszeichen aus den Trümmern von Port-au-Prince.

Die Stadt Leogane nach dem Erdbeben (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Rettet uns - Bewohner von Léogâne drücken ihre Verzweiflung aus. ]
Dabei haben die Retter nicht einmal Zeit gehabt überall zu suchen, beklagt der Koordinator der israelischen Rettungsbrigaden, Daniel Kedar: "Viele Menschen hätten gerettet werden können", sagt er. In vielen Gebäuden habe es Luftblasen gegeben, so Kedar. "Wir haben etliche eingestürzte Gebäude gesehen, in denen man die Menschen für tot erklärte, wo sie aber nicht während des Einsturzes gestorben sind, sondern erst viel später. Das ist eine große Tragödie. Ich bin absolut überzeugt: Bessere Koordinierung hätte mehr Leben retten können."

Hilfe erst fünf Tage nach dem Beben

Die unfassbare Tragödie im verwüsteten Port-au-Prince wird noch übertroffen durch das, was sich außerhalb der Hauptstadt abspielt: Zerstört sind auch die weiter westlich an der Küste gelegenen Städte. In Léogâne, dort, wo das Epizentrum des Bebens lag, steht kaum noch ein Haus. Erste Retter trafen hier erst fünf Tage nach dem Beben ein. Der Bürgermeister hat überlebt. "Ich fühle mich schwach. Es gibt nichts, was ich tun könnte. Ich schätze, 90 Prozent von Léogâne sind zerstört", erzählt er.  

Bilder:
Erdbeben in Haiti
Bilderstrecke Erdbeben in Haiti Noch immer werden Überlebende gerettet. [mehr]

Mit voller Wucht hat das Beben eine Stadt getroffen, die sich von den letzten Katastrophen noch gar nicht erholt hatte. Drei starke Wirbelstürme ließen hier 2008 die Flüsse über ihre Ufer treten. Viele Menschen ertranken. Die Ruinen der weggeschwemmten Häuser waren eineinhalb Jahre später noch nicht beseitigt. Und nun bebte auch noch die Erde.

"Der Strand ist einfach abgesackt"

Ein Bild des Grauens auch in Petit Goave, noch weiter westlich gelegen: Birgit Zeitler vom Nothilfeteam der Welthungerhilfe ist gestern zum ersten Mal in die Region gefahren. Was sie im ARD-Gespräch beschreibt, lässt das Ausmaß der Zerstörung nur erahnen: "Was ich am interessantesten fand, ist, dass sich die Küste geändert hat. Der Strand ist weg. Das Wasser ist 30 bis 40 Meter weiter in der Stadt. Die Bewohner haben gesagt, die Erde habe sich abgesenkt. Der Strand ist einfach nach unten abgesackt."

Die Stadt Leogane nach dem Erdbeben (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Wie überall im Land entstehen auch in Léogâne Zeltstädte. ]
Hilfe hat die Städte außerhalb von Port-au-Prince noch nicht erreicht. Über langfristige Hilfe wird schon gesprochen, damit Haiti sich irgendwann selbst helfen kann. Dazu war es Jahrzehnte lang nicht in der Lage. Leonel Fernandez, Präsident der Dominikanischen Republik, fordert für das Nachbarland ein Wiederaufbau-Programm über fünf Jahre in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar. Der frühere US-Präsident Bill Clinton bat die Welt am Flughafen von Port-au-Prince um Spenden und sagte, dass Haiti ohne die Rettungsleine der internationalen Hilfe nicht leben könne. In diesen Tagen geht es ums Überleben.

Stand: 19.01.2010 11:33 Uhr

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